Heutzutage ist es auch in gelebten, traditionellen Arbeitsreitweisen wie der Working Equitation und der Doma Vaquera nur noch selten der Fall, dass die Ausbildung der jungen Pferde ausschließlich auf den Feldern und in Verbindung mit erfahrenen Pferden geschieht.
In der ‚Doma de Campo‘ – wie die Hütearbeit zu Pferde auf großen Rinder- und Pferdezuchtbetrieben bezeichnet wird, war dies einst die ‚normale‘ Art der Ausbildung eines Pferdes.
Das junge Pferd lernte über seine erfahrenen Kollegen die Aufgaben kennen und sie auszuführen. Ein Vaquero wusste dabei intuitiv den Gleichgewichtssinn des Pferdes zu nutzen. Er lehrte dem Pferd von Anbeginn an, dass es feinen Balanceänderungen des Reiterkörpers intuitiv folgt.

Mittlerweile erfolgt in der Working Equitation und in der Doma Vaquera die Ausbildung der jungen Pferde hauptsächlich in der Bahn und nach klaren Richtlinien der klassischen Dressur. Trotzdem ist es von Anfang an sehr wichtig, dass das Pferd auf eine natürliche Art und Weise lernt dem Sitz des Reiters zu folgen. Der Reiter hilft dem jungen Pferd Takt und Rhythmus mit seinem Gewicht zu finden, daraus entwickelt sich ein gemeinsames Gleichgewicht, in dem sich das Pferd beständig unter dem Reiter bewegen kann. Aus diesem Arbeiten in der Balance entsteht die gewünschte Wendigkeit der Pferde mit einer leichten Anlehnung.

Physisches Gleichgewicht
Im Gleichgewicht zu sein bedeutet für ein Pferd nicht nur, sich in seinem physischen Gleichgewicht zu bewegen, sondern auch mit einem Reiter auf seinem Rücken in sein körperliches und auch geistiges Gleichgewicht wieder zu finden. Durch die stete Suche nach der physischen und auch der psychischen Balance kann der Reiter Sicherheit und Vertrauen in dem Spiel des ‚Geritten-Werdens‘ für das junge Pferd wachsen lassen.
Eine vertrauensvolle Basis ist der Schlüssel zu einer guten Ausbildung eines Working Equitation Pferdes.
Im Spanischen wird diese Bereitschaft des Pferdes zur Zusammenarbeit mit ‚Franqueza‘ bezeichnet. Gemeint ist ein Freimut des Pferdes prompt und spontan, ohne auch nur minimal zu zögern den Aufforderungen seines Reiters Folge zu leisten. Ein wichtiger Punkt in der Ausbildung eines Pferdes, das Pferd wächst zu einem wertvollen Partner des Menschen heran.
Für Pferde der Arbeitsreitweisen ist es wichtig, dass sie ihre Aufgaben kennen und verstehen lernen, so dass sie ihnen mit Freude und Stolz nachkommen können. Diese Auffassung birgt einen tiefen gegenseitigen Respekt in sich. Einen Respekt, der aus einem ‚Aufeinander-Angewiesen-Sein‘ entsteht und durch ein tiefes gegenseitiges Vertrauen wachsen kann.

Gegenseitiger Respekt
Ein Vaquero weiß, dass er ohne seinen Partner seine tägliche Arbeit mit den Rindern nicht so leicht erfüllen kann, oft ist er in schwierigen Momenten auf die Zusammenarbeit und das Mitdenken seines Partners angewiesen. Schenkt der Vaquero seinem Pferd sein volles Vertrauen und lebt er diese respektvolle Partnerschaft mit seinem Pferd, so ist es nicht selten, dass sein Pferd sich in ernsten Situationen für seinen Reiter entscheidet und ihm unter Umständen auch das Leben rettet.

Im gegenseitigen Respekt und in dieser Philosophie liegen für mich die Faszinationen der Arbeitsreitweisen begründet. Ein guter Vaquero weiß sein Pferd mit einer natürlichen Autorität zu führen, ist diese wirklich ehrlich und authentisch, so reagieren Pferde entsprechend wach, offen und feinfühlig darauf.
All das weckt einen anderen Arbeitseifer, einen Scharfsinn, der Temperament, Anmut und Feuer in der Reiterei aufleben lässt!