Der Weg, ein Pferd beim Reiten in dieser Intensität wahrzunehmen, führt über ein Kennenlernen und ein Koordinieren des eigenen Körpers. Ein gesundes Bewusstsein für den eigenen Körper und für Details in anspruchsvollen Bewegungsabläufen, helfen uns, unsere Antennen zu öffnen, und als Reiter eine Wahrnehmung für die verschiedenen Bewegungsabläufe des Pferdes zu entwickeln.

So beginnt jeder interessierte Reiter bei sich selbst! Wir wollen, dass unsere Pferde leichtfüßige Athleten werden, tun alles für ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit und vergessen dabei, wie wichtig es ist, dass auch wir gewandt und athletisch im Sattel sitzen sollten.

 

Natürliche aufrechte Haltung des Reiters

Eine aufrechte Haltung mit einem aufgerichteten Becken erfordert eine gleichmäßig ausgebildete Rücken- und Bauchmuskulatur. Die Wirbelsäule weist idealerweise eine doppelt geschwungene S-Form auf, dadurch zentriert sich der gesamte Körper und befindet sich im Lot. Damit der Mensch die aufrechte Haltung mühelos halten kann, spielen vor allem Faszienstrukturen und die Tiefenmuskulatur des Skeletts wichtige Rollen. Eine aufrechte und positive Selbsthaltung unseres Körpers wird durch Stabilisatoren wie unsere Fasziennetze, tiefliegende Beckenboden-, Bauch- und Rückenmuskulaturen gewährleistet. So können die Knochen unseres Skeletts derart aufeinander ruhen, dass es sich ohne ausgleichende Muskelkraft alleine trägt.

 

Die aufrechte Haltung auf dem Pferd erforschen

Der Reiter sitzt auf dem stehenden Pferd, auch hier kann zur Sicherheit ein Helfer am Boden das Pferd halten. Die Sicherheit von Pferd und Reiter ist immer wichtig!
Ein innerer Check durch unseren Körper schult über die Zeit unsere Tiefensensibilität. Zuerst bietet es sich an, dies im Halt zu beginnen und so einen Spürsinn für den eigenen Körper zu bekommen.
Spannend wird es, wenn wir unsere Bewegungswahrnehmung aufwecken und unseren inneren Körperscan im Schritt, Trab und später auch im Galopp durchzuführen. Das ist eine äußerst hilfreiche und erstrebenswerte Methode und hat für mich eine immerwährende Faszination, weil das Lernen im Spüren der inneren Tiefensensibilität kein Ende hat. Es eröffnen sich immer weitere tiefere Bereiche, dabei wird die Wahrnehmung stetig feinsinniger und Pferd und Reiter verbinden sich immer tiefgreifender – einfach brillant!

Einfache Fragen, wie beispielsweise ‚Sitze ich mit gleichem Gewicht auf beiden Sitzbeinhöckern? Haben meine Beine gleichen Kontakt zum Pferd? Wie fest sind meine Schultern? Bringt vielleicht ein langsam geführtes Schulterkreisen bereits eine Lockerung? Wie elastisch folgt mein Becken dem Rhythmus des Pferdes?

Tipp

Über das Spürenlernen des eigenen Körpers, über ein Aktivieren der Tiefensensibilität kann ich meine Wahrnehmung ausdehnen und dadurch in den Körper des Pferdes fühlen. So kann ich beispielsweise am Anfang der Trainingseinheit fühlen, wenn die Balance meines Pferdes nicht passt und es eventuell bei jedem Tritt quasi auf ein Vorderbein fällt, oder auch eines der Hinterbeine etwas steifer tritt. Dieses einfühlsame Scannen gibt mir Aufschluss, was mein Pferd in dieser Einheit braucht. Hier liegt für mich einer der faszinierendsten Bereiche beim Reiten!

Übung – Balance finden

Setzen Sie sich mit aufgerichtetem Körper, ohne dass Bauch- oder Rückenmuskulatur eine haltende Ausgleichsarbeit übernehmen müssen in den Sattel. Der Oberkörper ist in einer natürlichen Haltung, ohne dass Muskelgruppen aktiv ausgleichend wirken müssen.

Jetzt lehnt sich der Reiter mit aufgerichtetem Körper minimal nach vorne und anschließend nach hinten. Lauschen Sie in sich hinein: Können Sie fühlen, wann die Bauchmuskulatur zu halten beginnt und wann die Rückenmuskulatur die ausgleichende Haltearbeit übernimmt? Wird dieses Vor- und Zurückpendeln des Körpers noch einmal minimiert, kann schließlich eine Haltung gefunden werden, in der wir ohne spürbare Muskelarbeit natürlich stehen. Diese einfache Übung fördert eine gut fundierte Balance. Sie bietet eine Möglichkeit, wie wir ein gutes Gefühl für das Zentrieren unseres Körpers bekommen und unsere natürliche Mitte finden können. Also eine Schulung für ein besseres Körpergefühl.

Diese Übung kann ebenso auf dem Pferd ausgeführt werden. Sinnvoll ist es sie zuerst auf dem Boden für sich zu gewinnen, um sie anschließend auf den Pferderücken zu übertragen. Der Reiter sitzt auf dem stehenden Pferd und pendelt seinen Oberkörper minimal nach vorne und nach hinten. Auch hier wird er spüren, wann die Bauch- und wann die Rückenmuskulatur greift. Minimiert der Reiter das Pendeln, wird er eine aufrechte Haltung finden, in der er optimal auf seinem Pferd sitzt.

Viel Vergnügen beim Ausprobieren!